Story:
Der Stadt Thun gelingt, was nur wenigen auf Social Media gelingt: sie geht - mit dem offiziellen Account der Behören - viral, zumindest auf TikTok. Das meistgeklickte Video registriert über 230'000 Views, im laufenden Jahr hat der Kanal deutlich über eine Million Impressionen erzielt.
Das freut indessen die SP-Fraktion von Thun weniger, sie findet die Clips «peinlich und pseudo-lustig», fordert die Stadt in einem dringlichen Postulat sogar auf, TikTok zu verlassen.
Einschätzung:
Für den nach seiner Meinung befragten Kommunikationsesperten ist klar, dass es nachgerade eine Sünde wäre, wenn Thun den TikTok-Kanal schliessen würde oder müsste. Denn der Social-Media-Manager und der Praktikant, die den Content bereitstellen, machen alles richtig: Dieser ist relevant informativ, schnell an Trends angelehnt, unterhaltsam und sehr nahe an der Community. Gerade zu den letzten beiden Punkten steht die SP-Fraktion von Thun im Verdacht, den Humor und den Umgang auf dem Kanal nicht richtig einschätzen zu können.
Vor allem aber gibt Thuns TikTok der Erfolg recht: Views und Engagement gehen durch die Decke, in einer Umfrage gaben zudem 20% der Gäste und Besucher:Innen von Thun an, das Reiseziel wegen Social Media gewählt zu haben. Wer will denn schon auf eine dermassen gewaltige Verkaufsmaschine verzichten?
Story:
Chantal Perriard und René Lenzin, die im Co-Präsidium die Stadtberner FDP führen, erscheinen beide zur Aufzeichnung der Talk-Sendung «Bäregrabe» von TeleBärn. Im Beisein der anderen Parteispitzen und von Journalistinnen und Journalisten entbrennt zwischen den beiden ein Streit darum, wer in der Sendung auftreten darf. Am Schluss ist es René Lenzin, der wieder im Studio zum Gespräch erscheint. Neben TeleBärn berichtet auch Der Bund über den unrühmlichen Vorfall.
Einschätzung:
Immer häufiger teilen sich zwei Personen das Präsidium einer Partei, zunehmend auch im bürgerlichen Lager. Ein derartiges Co-Präsidium hat eine Reihe von Vorteilen:
Diesen Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber:
In der Kommunikation gegen aussen ist es unabdingbar, dass die beiden Parteispitzen mit einer Stimme auftreten und sich nicht widersprechen. Ist das nicht der Fall, entsteht Unsicherheit im Innern der Partei und die politische Gegnerschaft findet - wie im vorliegenden Fall - ein gefundenes Fressen.
Beitrag vom 30. Oktober 2024 auf TeleBärn (ganze Sendung, ab 06:18)
Story:
Seit ein Video der Influencerin Maria Vehera (das bis heute über 90 Millionen Mal angesehen wurde) den Genuss der Dubai-Schokolade gezeigt hat, geht die neuartige Süssspeise (nicht nur auf TikTok) viral. Auch die Redaktion von TeleBärn vernimmt vom Hype und gelangt mit der Frage an den Kommunikationsexperten, wie derlei Hypes denn überhaupt zustandekommen können.
Einschätzung:
Ob und wann ein Video viral geht, lässt sich kaum je abschätzen. Im konkreten Fall haben zwei Faktoren den Hype begünstigt: Die ASMR-Influencerin (Autonomous Sensory Meridian Response) Maria Vehera, die überhaupt erst (nach zwei Jahren Existenz) auf die Schokolade gestossen ist, hat zum einen mit über 2 Millionen Followerinnen und Followern eine beträchtliche Reichweite. Zudem hat sie ihr Video perfekt produziert, es vermittelt auf den Punkt genau das kribbelig-wohlige Gefühl, auf das die ASMR-Gemeinde steht: Die Geräusche stimmen ebenso wie der visuelle Genuss, der Name Dubai suggeriert überdies Exotik.
Zum anderen ist die Schokolade ein rares Gut, die Produzentin Sarah Hamouda kann im Tag gerade 500 Stück herstellen, die innert Minuten ausverkauft sind. Diese Beschränktheit schafft Exklusivität und damit natürlich Anreiz für andere Influencerinnen und Influencer: Wer den Genuss der Dubai-Schokolade (oder ihre Herstellung zuhause) im Video zeigen kann, befindet sich in einem erlauchten Kreis. So darf es nicht erstaunen, dass es heute unzählige Clips im Netz gibt und die Userinnen und User kaum mehr um den Schokolade-Genuss herumkommen.
Story:
In einem internen Rundschreiben orientiert das Management der Berner Inselgruppe am Donnerstag, 11. Juli 2024, dass es bis Mitte 2025 insgesamt 110 Mio. Franken einsparen will. Um das zu erreichen, will es Stellen abbauen, auf teure Medizingeräte verzichten und wieder mehr Patienten ins Unispital holen. Eine Medienmitteilung bleibt aus, der Verwaltungsrat adressiert aber ein Schreiben an die Grossräte des Kantons und steht anschliessend auf Anfrage der Berner Zeitung und Keystone-SDA Red und Antwort. Am nachfolgenden Freitag sind die Sparpläne ein grosses Thema in den Medien.
Einschätzung:
Die Videojournalistin befragt den Kommunikationsexperten insbesondere nach dem Stil dieser Information. Dieser kann bestätigen, dass die gewählte Form tatsächlich eher ungewöhnlich ist. Zwar ist der Grundsatz "intern vor extern" bestimmt eingehalten, die Direktinformation des Grossrats und der Verzicht auf eine Information der Medien erstaunt aber doch. Dies umso mehr, als die Inselgruppe über eine grosse und kompetente Kommunikationsabteilung verfügt. Es liegt also der Verdacht nahe, dass sich der Verwaltungsrat einen Alleingang erlaubt und die Mitteilung autonom publiziert hat.
Story:
Zur Diskussion der Möglichkeiten und Chancen einer Bewerbung von Bern und/oder Biel für die Austragung des Eurovision Song Contest ESC lädt Moderator Markus von Känel den viermaligen ESC-Teilnehmer Marc "Cuco" Dietrich, den Stadtrat und Bern-Promotoren Claudio Righetti sowie den Kommunikationsprofi Stefan Herrmann ein.
Einschätzung:
In der engagierten, wortgewaltigen und bestimmt unterhaltsamen Runde äussert sich der Kommunikationsprofi zu einer Reihe von Punkten:
Im Anschluss an die letzte Frage nimmt der Kommunikationsprofi einen Gedanken des Bieler Stadtpräsidenten Erich Fehr auf, um eine neue Idee in die Runde zu tragen: Derr ESC liesse sich in Anlehnung an einen Sport-Grossevent doch auch dezentral an verschiedenen Standorten in der ganzen Schweiz austragen, um damit eine ganze Reihe von Regionen ins mediale Rampenlicht zu rücken.
Story:
Nach dem Sieg am Eurovision Song Contest ESC ist die Popularität von Nemo so gross wie nie. Mit der Mobiliar Versicherung und der SP Schweiz nutzen gleich zwei Werbetreibende die Sympathiewelle rund um Nemo, um Aufmerkamkeit für ihre eigenen Anliegen zu gewinnen - die SP allerdings offenbar ungefragt.
Einschätzung:
Ein derartiges "Newsjacking" ist eine moderne und äusserst beliebte Kommunikationsform, die ihren Niederschlag meist in Memes für die Sozialen Medien findet (bei denen die Toleranz gegenüber Urheberrechten oder der Recht am eigenen Bild massgeblich grösser ist). Da sich auch die Politik zunehmend für solche Memes begeistert, darf es nicht erstaunen, dass die SP mit Nemo punkten will. Mit einem Kopf ungefragt für eine politische Partei zu werben, hält der Kommunikationsberater allerdings für problematisch. Im fraglichen Falle dürfte das Risiko eines Schadens aber überschaubar sein, da Nemo seit dem ESC stark politisiert und mit der SP vergleichbare Standpunkte teilen wird.
Story:
Seit Sonntag, 12. Mai 2024 halten Pro-Palästina-Aktivisten aus der Studentenschaft die Unitobler an der Muesmattstrasse besetzt. Die Besetzerinnen und Besetzer fordern «einen akademischen Boykott israelischer Institutionen» und «eine sofortige Beendigung des Genozids an der palästinensischen Bevölkerung». Zum Zeitpunkt des Interviews ist ein Ultimatum der Unileitung, das Gelände bis am Mittag zu räumen, abgelaufen.
Einschätzung:
Wenn die Fronten zwischen den Studierenden und der Unileitung verhärtet scheinen, liegt das nicht zuletzt an der beidseitig unversöhnlichen Kommunikation, die kaum einen Dialog und einen Konsens zulässt: Auf der einen Seite sind die Aktivisten, die mit der Form einer Besetzung, stereotypen Schuldzuweisungen und - vom Adressaten - kaum zu erfüllenden Forderungen und kaum demokratische Mittel wählen (wie sie das glauben machen wollen). Auf der anderen Seite steht die Unileitung, die mit einem Ultimatum und dem Auslassen von Gesprächsangeboten auch nicht gerade zum Diskurs beiträgt.
Story:
Die Redaktion von TeleBärn nimmt die Berichterstattung über die 1. Mai Demonstrationen zum Anlass, um der Frage nach der Sinnhaftigkeit des Anlasses nachzugehen. Kaum überraschend bestreitet der dazu befragte Jungfreisinnige diese, wogegen die Grüne sie vehement verteidigt. Der Kommunikationsexperte soll dazu seine Wertung gewissermassen aus der neutralen Ecke geben.
Einschätzung:
Das Urteil des Kommunikatonsexperten fällt allerdings kaum neutral aus, er spricht dem 1. Mai eine grosse Sinnhaftigkeit zu. Zum einen hat die Arbeiterbewegung seit 1886 schon ausgesprochen viel für die Verbesserung der Arbeitsbedinungen und die Rechte der Arbeitnehmenden erreicht. Diese sind zum anderen aber nicht für die Ewigkeit bestimmt und müssen daher permanent überprüft und verteidigt werden. Hält man sich vor Augen, dass sich etwa in Deutschland Streik an Streik reiht und grosse Unternehmen wie etwa Tesla oder Amazon mehr oder weniger offen ein "Union Busting" betreiben, scheinen die (Kommunikations-)Aktivitäten rund um den 1. Mai mehr als nur gerechtfertigt zu sein.
Story:
Die Kantonsverwaltung Bern hat sich für ihren multimedialen Auftritt ein Audio-Branding erarbeiten lassen. Die dafür nötige Investition von rund 40'000 Franken sorgt in der Öffentlichkeit für allerlei Unkenrufe.
Einschätzung:
Der Kanton Bern hat für sich - wohl begründet - die Strategie "digital first" festgelegt, will also am Puls der Zeit bleiben und in Zukunft mehr auf digitale und audiovisuelle Kommunikationsmittel setzen. So ist es nichts als konsequent, wenn er sich ein professionelles Audio-Branding aufsetzen lässt und so signalisiert, dass er seine Kommunikation systematisch und kompetent betreibt.
Den Verantwortlichen des Kantons, die sich Kritik aus der Öffentlichkeit und der Politik ausgesetzt sehen, empfiehlt der Kommunikationsberater, sich nicht irritieren zu lassen und langfristig am Audio-Logo festzuhalten. Nur das führt zur gewünschten Wiedererkennung - und zu einer Amortisation der Investitionen.
Story:
«20 Minuten» vermeldet, dass ein Dozent der Universität Bern auf X (vormals Twitter) den Angriff der radikal-islamistischen Hamas auf Israel gewürdigt hat: «Das beste Geschenk, das ich vor meinem Geburtstag erhalten habe.» Seine Partnerin, selber Institutsleiterin und damit seine Vorgesetzte, nimmt ihn im gleichen Beitrag in Schutz. Damit entsteht - einmal mehr - eine delikate Situation für die Universität Bern, die umgehend reagiert und Konsequenzen in Aussicht stellt.
Einschätzung:
Ein Disclaimer «opinions are my own» schützt in derlei Fällen natürlich keinesfalls: Personen, die gegen aussen eine Körperschaft repräsentieren, sind immer auch corporate influencer - erst recht, wenn sie den Arbeitgeber in der Biographie benennen und in der Lehre tätig sind. Die entsetzten Reaktionen aus dem Publikum bestätigen im konkreten Fall denn auch, dass ein sofortiger Imagetransfer stattfindet.
Die Universität Bern sollte also vorerst überprüfen, ob die Tweets nicht, wie vom Dozenten vorgebracht, aus dem Zusammenhang gerissen sind. Ist dem nicht so, ist sie gut beraten, wenn sie die erwähnten «einschlägigen Richtlinien» und die rechtlichen Grundlagen schnellstmöglich als Messlatte nimmt, um die Konsequenzen auszusprechen und durchzusetzen.