Story:
Wieder einmal dicke Luft im Bundeshaus: Mit einer parlamentarischen Initiative wollen FDP und SVP erreichen, dass Polizeikorps in der ganzen Schweiz verpflichtet werden, die Nationalität von mutmasslichen Kriminellen in ihren Mitteilungen explizit zu nennen. TeleBärn springt auf, weil die Diskussion im Kanton Bern besonders heiss geführt wird – die Kantonspolizei Bern verzichtet ganz bewusst auf solche Angaben. Die Redaktion befragt den Kommunikationsexperten, welche Signalwirkung eine solche Vorschrift haben könnte.
Einschätzung:
Eigentlich möchte der Kommunikationsexperte ja darüber hadern, dass die Politik sich wieder einmal in journalistische Angelegenheiten mischt (was das Verfassen von Polizeimitteilungen seines Erachtens ist). Er äussert sich dann aber wie gewünscht zur Signalwirkung und stellt fest, dass das Verschweigen oder Aussparen von Fakten meist das erzeugt, was die Informationsabsendenden verhindern wollten: Es nährt Vorurteile, Gerüchte und Misstrauen. Das Statement ist allerdings aufgrund der begrenzten Sendezeit stark gekürzt, so dass ihm der Zusammenhang fehlt.
Beitrag vom 30. September 2025 auf TeleBärn
Story:
Der Präsident der Jungen SVP Schweiz weilt nach eigenen Angaben gerade für ein Wahl-Shooting in Interlaken, als er sich vor laufender Video-Kamera berufen fühlt, eine verschleierte Touristin anzusprechen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass es in der Schweiz seit diesem Jahr verboten ist, das Gesicht zu verhüllen. Der «Blick» stösst auf das Video und macht daraus eine Geschichte, die andere Boulevard-Medien aufnehmen. Im Zuge dessen bittet die Redaktion von TeleBärn den Kommunikationsexperten um seine Meinung zum Vorfall.
Einschätzung:
Der Kommunikationsexperte möchte für die Zuschauer:innen am liebsten festhalten, dass natürlich die Medien selber dafür verantwortlich sind, wenn sie derlei absichtlich inszenierte Mini-Aufreger zur Geschichte erheben und den Protagonisten so die von ihnen gesuchte und gewünschte Plattform geben. Da eine solche Medienschelte aber kaum je über den Sender geht und der Kommunikationsexperte den Präsidenten andererseits nicht dafür loben mag, wie geschickt er diese Mechanik auszunützen versteht, gibt es also eine andere Einschätzung: Mit regelmässigen Posts in den sozialen Medien und mit dem Stilmittel von nadelstichartigen Mini-Provokationen gelingt es der SVP tatsächlich, ein von ihr bewirtschaftetes Thema am Köcheln zu halten.
Beitrag vom 12. September 2025 auf TeleBärn
Story:
In jüngster Zeit hat sich Influencer-Marketing zu einer starken und effektiven Werbemassnahme entwickelt, die sich auch – und gerade – im Gastgewerbe immer grösserer Beliebtheit erfreut. So darf es nicht erstaunen, dass auch die Berner Gastronomie auf die Reichweite und den Einfluss von Food-Influencerinnen und -influencern setzt. Die Tamedia-Titel porträtieren Anfang Juni die Jus-Studentin Sophie Dettwiler, die in den sozialen Medien pro Beitrag bis zu 340’000 Views erreicht und bis zu 1000 Franken verdient. Die Redaktion bittet den Kommunikationsexperten um eine Einordnung.
Einschätzung:
Die zumeist subjektive und kaum reglementierte Arbeit von Bloggern und Influencerinnen bietet Raum für vielerlei Gesprächsstoff, sie ist daher ein dankbares Thema für den Kommunikationsexperten. Im kurzen Statement bietet sich allerdings nur Gelegenheit für einen Gedanken rund um die Auszeichnung von gekauftem Content.
Für die Userinnen und User bedeutet es nämlich einen Unterschied, ob die sie gewissermassen beratenden Influencerinnen und Influencer für diese Leistung bezahlt werden oder eben nicht. Den einzelnen Protagonisten empfiehlt der Kommunikationsberater daher für ihre eigene Glaubwürdigkeit, die einzelnen Beiträge klar mit «Ad» oder dergleichen auszuzeichnen, wenn sie gesponsert sind. Der Sparte der Content Creators rät er, sich mit Standesregeln Vorgaben für eine messbare und ethische Arbeit zu geben, wie das etwa schon die Schweizer Familienblogs mit einem eigenen Kodex gemacht haben.
Story:
Die Bildungs- und Kulturdirektion (BKD) des Kantons Bern lanciert auf TikTok ein Reel, das darauf hinweisen soll, dass im Kanton Bern noch 1'000 Lehrstellen offen sind. In der Medienmitteilung dazu fügt sie an, dass die «Last-Call»-Kampagne auf TikTok «die zahlreichen, bewährten Angebote und Massnahmen» ergänze. Mit der neuen Kampagne wolle sie die Jugendlichen möglichst direkt erreichen.
TeleBärn will vom Kommunikationsexperten wissen, was er von der Kampagne hält.
Einschätzung:
Fraglos ist es ein richtiger, guter und konsequenter Schritt, die Generation Z für die Berufswahl auf einem von ihr bevorzugten Kanal wie TikTok anzusprechen: Ihre Angehörigen verbringen dort bis zu 90 Minuten täglich und konsumieren den Content nicht nebenbei (wie einen TV-Spot), sondern setzen sich damit auch auseinander. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass Reels zu einzelnen Lehrbetrieben oder Berufsbildern reges Interesse finden.
Einzig von der Produktion des Reels zeigt sich der Kommunikationsberater aus verschiedenen Gründen weniger begeistert:
Insgesamt bezweifelt der Kommunikationsexperte also, dass das Reel seine Ziele hinsichtlich Awareness oder Engagement erreicht.
Story:
Im Rahmen der Feierlichkeiten für ihr 100-jähriges Bestehen lässt die Migros einen Merci-Bus an 100 Orten in der Schweiz Halt machen. Die Redaktion von TeleBärn möchte vom Kommunikationsexperten wissen, ob der Zeitpunkt für die Aktion nicht unpassend ist und ob es der Migros mit der Tournee gelingt, ihr Image etwas aufzupolieren.
Einschätzung:
Seltsamerweise hat die Migros ihren Merci-Bus ziemlich genau eine Woche nach der Medienkonferenz zum Abschluss der Restrukturierungsmassnahmen und dem damit verbundenen Stellenabbau angekündigt. Vor dem Hintergrund der hochkochenden Volksseele durfte es so denn auch nicht erstaunen, dass sich in den Kommentarspalten der Online-Medien und in den Sozialen Medien eine ganze Reihe galliger Kommentare gefunden hat, welche die Tour etwa als «Abschiedstour» oder «Mercy Tour» verunglimpften.
Der Kommunikationsexperte ist sich im Gespräch mit dem interviewenden VJ aber einig, dass die Tour grundsätzlich ein schöner Gedanke ist, dass es ihr wie gewünscht gelingt, die Werte «Zugänglichkeit» und «Innovation» zu transportieren und dass sie insgesamt gute Arbeit leistet, um das ramponierte Image der Migros wieder etwas aufzubessern.
Story:
Moderator Markus von Känel lädt den Filmemacher Luki Frieden, die Stadträtin und Co-Präsidentin von digital-liberal Simone Richner und den Kommunikationsprofi Stefan Herrmann ein, um über Chancen und Risiken des Dauerthemas KI zu diskutieren. Aufhänger ist, dass gerade die kreativen Seiten der KI (zu Recht?) Ängste in der audiovisuellen Branche hervorrufen.
Einschätzung:
In der Runde, die insbesondere von Luki Frieden und seinen Einblicken in die Praxis getragen ist, äussert sich auch der Kommunikationsprofi zu einer Reihe von Aspekten:
Story:
Das Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von SRF berichtet, dass die vor einem Jahr im Wankdorfstadion eingeführten Holzbecher nun doch nicht recycelt, sondern verbrannt werden. Verunreinigungen des Materials machen es gemäss Angaben des zuständigen Start-ups arboloom unmöglich, das Holz zu Spanplatten weiterzuverarbeiten. Stefan Stauffiger, Mediensprecher des BSC YB, wehrt sich gegen den Vorwurf, der Verein habe die Fans hinters Licht geführt: Die Kommunikation mit dem Anbieter habe nicht funktioniert.
Einschätzung:
Der um seine Meinung angefragte Kommunikationsexperte kann Stauffiger nicht widersprechen: Dass Bierbecher aus dem Wankdorf nicht porentief rein zurückgelangen, dürft allen Matchbesuchenden bekannt sein. Umso mehr scheint es erstaunlich, dass arboloom ein Jahr braucht, um das herauszufinden und den BSC YB ins Bild zu setzen.
Für einen Lieferanten ist es von existentieller Wichtigkeit, dass er den Auftraggeber umgehend alarmiert, wenn der seine Leistung nicht im vereinbarten Rahmen erbringen kann und über das weitere Vorgehen informiert. Beides ist im Fall des Holzbecher-Recycling massgeblich zu spät passiert.
Story:
Die Migros informiert am Dienstag, 25. Februar 2025 per Communiqué, dass sie die vor einem Jahr angekündigte Konzentration aufs Kerngeschäft abgeschlossen hat: Die Möbel-Sparte Micasa verkauft sie an deren Management, die meisten der «Do it + Garden»-Filialen plant sie indessen bis Ende Juni zu schliessen. Diese Kommunikation scheint der Redaktion von TeleBärn einmal mehr suspekt, sie bittet den Kommunikationsexperten daher um seine Einschätzung.
Einschätzung:
Der Kommunikationsexperte findet es auch zumindest sonderbar, dass die Medienmitteilung den Titel «Veräusserungsprozess... abgeschlossen» trägt, im Text jedoch «Für vereinzelte Do it + Garden Standorte laufen dezentral weiterhin Verhandlungen mit potenziellen Interessenten...» zu lesen ist. Er hätte hier geraten, den Titel zu ändern oder - besser - die Kommunikation nach hinten zu schieben. Das hätte es auch erlaubt, die Lösungen für alle Standorte und vor allem die dort Beschäftigten zu präsentieren.
Insbesondere lokale Medien pflegen nach derlei Ankündigungen nämlich in die Filialen in ihrem Verbreitungsgebiet zu eilen, um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen. Wenn sie dort vom Personal indessen erfahren, dass die Zukunft des Standorts ebenso unklar wie die eigene Arbeitsplatzsicherheit ist, wirft das bestimmt kein gutes Licht auf die Migros. Und ihre Kommunikation.
Story:
Der Stadt Thun gelingt, was nur wenigen auf Social Media gelingt: Sie geht - mit dem offiziellen Account der Behörden - viral, zumindest auf TikTok. Das meistgeklickte Video verzeichnet über 230'000 Views, und im laufenden Jahr hat der Kanal deutlich über eine Million Impressionen erzielt.
Das freut indessen die SP-Fraktion von Thun weniger: Sie findet die Clips «peinlich und pseudo-lustig» und fordert die Stadt in einem dringlichen Postulat sogar auf, TikTok zu verlassen.
Einschätzung:
Für den nach seiner Meinung befragten Kommunikationsexperten ist klar, dass es beinahe eine Sünde wäre, wenn Thun den TikTok-Kanal schliessen würde oder müsste. Denn der Social-Media-Manager und der Praktikant, die den Content bereitstellen, machen alles richtig: Dieser ist relevant, informativ, schnell an Trends angelehnt, unterhaltsam und sehr nahe an der Community. Gerade zu den letzten beiden Punkten steht die SP-Fraktion von Thun im Verdacht, den Humor und den Umgang auf dem Kanal nicht richtig einschätzen zu können.
Vor allem aber gibt Thuns TikTok der Erfolg recht: Views und Engagement gehen durch die Decke, in einer Umfrage gaben zudem 20 % der Gäste und Besucher:innen von Thun an, das Reiseziel wegen Social Media gewählt zu haben. Wer will denn schon auf eine dermassen gewaltige Verkaufsmaschine verzichten?
Story:
Chantal Perriard und René Lenzin, die im Co-Präsidium die Stadtberner FDP führen, erscheinen beide zur Aufzeichnung der Talk-Sendung «Bäregrabe» von TeleBärn. Im Beisein der anderen Parteispitzen und von Journalistinnen und Journalisten entbrennt zwischen den beiden ein Streit darum, wer in der Sendung auftreten darf. Am Schluss ist es René Lenzin, der wieder im Studio zum Gespräch erscheint. Neben TeleBärn berichtet auch Der Bund über den unrühmlichen Vorfall.
Einschätzung:
Immer häufiger teilen sich zwei Personen das Präsidium einer Partei, zunehmend auch im bürgerlichen Lager. Ein derartiges Co-Präsidium hat eine Reihe von Vorteilen:
Diesen Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber:
In der Kommunikation gegen aussen ist es unabdingbar, dass die beiden Parteispitzen mit einer Stimme auftreten und sich nicht widersprechen. Ist das nicht der Fall, entsteht Unsicherheit im Innern der Partei und die politische Gegnerschaft findet - wie im vorliegenden Fall - ein gefundenes Fressen.
Beitrag vom 30. Oktober 2024 auf TeleBärn (ganze Sendung, ab 06:18)